phoenix Im Dialog 11.03.16

 

phoenix Im Dialog:
Hans-Werner Sinn zu Gast bei Michael Krons – Freitag um 22.30 Uhr

Bonn (ots) – Der bekannteste deutsche Ökonom Professor Hans-Werner Sinn geht mit der Politik der Europäischen Zentralbank hart ins Gericht. Durch die Negativzinsen komme es zu gewaltigen Umverteilungseffekten. Sinn spricht von einer „total verrückten Welt“, die so entstehe: „Die Schuldner profitieren, weil die Gläubiger, die ihnen das Geld gegeben haben, selber die Schulden tilgen müssen, statt dass die Schuldner sie tilgen.“ In der Sendung „Im Dialog“ kritisiert der scheidende Präsident des Ifo-Instituts im Gespräch mit Moderator Michael Krons, dass deutsche Sparer auf längere Sicht auf Milliarden Euro Zinsen verzichten müssen.

Auch für Deutschland insgesamt, als dem größten Gläubiger in Europa und dem zweitgrößten Gläubiger der Welt, der durch den Exportüberschuss riesige Auslandsvermögen aufgebaut hat, entgeht durch die Zinspolitik ein Milliardenvermögen, während die Schuldnerstaaten in Südeuropa davon finanziert werden. Für Professor Sinn, der seit Jahren einen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone befürwortet, gibt es nur eine Lösung: „Da muss man auch mal den ein oder anderen Konkurs einer Bank, eines Staates akzeptieren. Das ist so ein Reset-Knopf, den man drückt.“

Durch die Flüchtlingskrise sieht Hans-Werner Sinn sowohl finanziell als auch strukturell große Probleme auf Deutschland zukommen. Allein die Unterbringung der Flüchtlinge kostet nach seinen Einschätzungen 20 Milliarden Euro im ersten Jahr. Zudem sei die Ausbildung, selbst der Syrer, nur eine unzureichende Grundlage, um sie in Deutschland schnell in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.

Professor Hans-Werner Sinn kündigte an, sich nach seinem Ausscheiden als Präsident des ifo-Instituts weiterhin intensiv wissenschaftlichen Publikationen zu widmen.

Soweit der Pressetext. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer daß man sich diesen Dialog unbedingt anschauen sollte.

Aber halt, es gibt doch etwas. Und zwar etwas, an das die Verantwortlichen derzeit überhaupt nicht denken: In ein, zwei Jahren ist Baschar al-Assad wohl – tot oder lebendig – Geschichte. Und dann, wenn das Land wieder sicher ist, werden die Syrer massenweise den Rückweg antreten. Warum? Weil dann in Syrien mit internationaler Hilfe der Wiederaufbau des Landes und der Zivilgesellschaft beginnt und gutes Geld mit Arbeit verdient werden kann. Hier in Europa, also eigentlich eher hier in „massereichen“ Deutschland, haben sie dagegen aufgrund ihrer oftmals mangelhaften Bildung keine Chance, auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Die Erwachsenen kommen auch weder mit dem rechtlichen „System Deutschland“ noch mit der abendländischen Kultur, noch mit unserem freiheitlich-demokratischem Wertesystem zurecht. Zuhause in Syrien, auch wenn es zerstört ist, wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, so ist es doch eine vertraute Umgebung, in der sie den Großteil ihres Erwachsenenlebens verbracht haben. Dort haben sie die Chance auf einen Neuanfang, hier in Europa ist ihnen das vielerorts verwehrt. Die Entscheidung, wieder nach Syrien zurückzukehren, dürfte also unter diesen Umständen nicht schwerfallen.

Nur: was ist dann mit dem riesenhaft aufgeblähten „Apparat“ zur Integration der Kriegsflüchtlinge in den Arbeitsmarkt und in unser System? Oder mit den neuen Wohnungen, die jetzt gebaut werden sollen, statt daß man die Kriegsflüchtlinge in den massenhaft leerstehenden Wohnungen überall in Deutschland unterbringt? Keine Frage, Menschen in Not muß man helfen, da darf man nicht aufs Geld schauen. Aber für meinen Geschmack haben da zu viele zwielichtige „Geschäftsleute“ ihre Finger im Honigtopf – und niemand kontrolliert das Ganze und hat den Über- und Durchblick. Die Politik schon gar nicht, die verlässt sich gern auf die Zivilgesellschaft.