Geht der EZB die Munition aus?


Mario Draghi (Mitte) auf der heutigen Pressekonferenz (Foto: EZB)

Mit den heute getroffenen geldpolitischen Beschlüssen dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre gesamte Munition verschossen haben. Und was wird es nützen? Nichts.
Heute konnte man gut sehen, dass die Auswirkungen auf die Finanzmärkte gleich Null waren. Der DAX stieg kraftvoll bis knapp unter 10.000 Punkte, nur um dann noch kräftiger wieder abzustürzen auf 9.498 Punkte. Eine traumatische Achterbahnfahrt um 500 Punkte, also rund fünf Prozent Schwankung. Das hat man nicht oft gesehen.
Woran mag das gelegen haben?

Die getroffenen Beschlüsse sind die üblichen finanzpolitischen Keulen:
1) Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosystems wird um 5 Basispunkte auf 0,00% gesenkt. Dies gilt erstmals für das am 16. März 2016 abzuwickelnde Geschäft.
2) Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird mit Wirkung vom 16. März 2016 um 5 Basispunkte auf 0,25 % gesenkt.
3) Der Zinssatz für die Einlagefazilität wird mit Wirkung vom 16. März 2016 um 10 Basispunkte auf -0,40% gesenkt.
4) Das Volumen der monatlichen Ankäufe im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten wird mit Wirkung vom April auf 80 Mrd € ausgeweitet.
5) Auf Euro lautende Investment-Grade-Anleihen von Unternehmen (ohne Banken) im Euro-Währungsgebiet werden in die Liste der Vermögenswerte aufgenommen, die für reguläre Ankäufe zugelassen sind.
6) Ab Juni 2016 wird mit einer neuen Reihe von vier gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRG II) begonnen, die jeweils eine Laufzeit von vier Jahren haben. Untergrenze für die Konditionen der Mittelaufnahme bei diesen Geschäften ist der Zinssatz für die Einlagefazilität.

Finanzpolitische „Waffen“ dieser Art – bereits vor Jahren sprach man ja schon von Draghi’s Bazooka – lösten in der Vergangenheit zuverlässig ein Kursfeuerwerk aus. Aber die Börsen scheinen in der Realität angekommen zu sein. Scheint sich so langsam aber sicher die Erkenntnis breitzumachen, dass derartige Maßnahmen eigentlich nichts bringen? Also außer Schulden natürlich, die von uns allen irgendwann über Steuererhöhungen beglichen werden müssen. Die gewünschte Inflation stellt sich nicht ein, weil in Zeiten der Globalisierung internationale Einflüsse auf die Teuerungsrate wirken, die von der EZB nicht gesteuert werden können. Die Wirtschaft liegt im Argen, im Fernen Osten (China) braut sich eine Katastrophe biblischen Ausmaßes zusammen und der politisch-finanzielle Komplex feiert fröhliche Urständ?

Alle scheinen da nicht mehr mitmachen zu wollen. Es dürfte interessant werden zu sehen, wohin die Abermilliarden an Geld fließen, die im System der globalen Spieler vorhanden sind und jetzt aufgestockt werden sollen. Aus China wurden in letzter Zeit 100 Milliarden US-Dollar abgezogen, auch andere schwächelnde Volkswirtschaften leiden unter Kapitalabfluss. Und Monat für Monat kommen jetzt allein in Europa 20 Milliarden Euro „Spielgeld“ dazu. Das wird ein gewaltiger Tsunami an Geld, der unser Finanzsystem hinweg zu fegen in der Lage ist. Mit anderen Worten: dieses „Scheiß-Experiment“ wird uns demnächst auf die Füße fallen. Da braucht der Anleger wohl drei Dinge: Sachwerte (Aktien), Edelmetall und Cryptogeld.

Stoppt das Bargeld-Verbot

Timm Kloevekorn (Leiter Onlinemarketing des FID Verlags) hat eine Volkspetition gegen das drohende Bargeld-Verbot gestartet.
Geht man von seinem Tätigkeitsbereich aus, dann mag diese Petition nur ein genialer Marketing-Trick sein, um mehr Kunden zu gewinnen. Immerhin gehört die Domain dem FID Verlag. Nun, das ist durchaus legitim. Und wenn er dabei noch einen wichtigen, drohenden Einschnitt in unsere persönliche Freiheit abzuwenden versucht, ist das nur zu begrüssen.
Hier die Begründung der Petition: „Das Bargeldverbot droht: Lassen Sie sich nicht Ihre Konsumentenrechte nehmen und zu einer gläsernen Marionette des Finanzstaates machen. Stimmen Sie jetzt gegen eine klammheimliche Auflösung unserer bürgerlichen Freiheit!“
Ich will damit keine Werbung für den FID Verlag machen, aber ich finde, da sollten alle freiheitsliebenden demokratisch gesinnten Bürger mitmachen.
Es muss doch nicht immer gleich ein Verbot sein. Verbote sind immer parteiisch und tendenziös. Wenn etwas für eine Interessengruppe verboten ist, dann profitiert eine andere Interessengruppe davon. Die Banken sagen, der Zahlungsverkehr wird einfacher und billiger ohne Bargeld. Der Einzelhandel sagt, das Bezahlen an der Kasse geht schneller. Die Regierung sagt, dadurch wird die Kriminalität bekämpft und Steuerhinterziehung verhindert. Was keiner sagt ist, mein Konsum und mein Zahlungsverhalten werden Teil des Big Data und ich werde absolut durchsichtig für bestimmte Interessengruppen. Profiler beschäftigen sich mit mir und meine persönliche Freiheit wird mir genommen, weil mir immer jemand beim Kauf über die Schulter schaut. Die Stasi lässt grüssen … wehret den Anfängen.
Und ich mag es nicht, per se kriminalisiert zu werden, nur weil ich es vorziehe mit Bargeld zu zahlen. Ich arbeite hart für mein Geld und zahle meine Steuern. Was ich mit meinem Geld anfange, ist einzig und allein meine Sache, solange ich nicht gegen geltendes Recht verstosse. Die Regierung hat nicht das Recht, die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen, nur um den Strafverfolgungsbehörden die Arbeit zu erleichtern. Für deren Arbeit gibt es ausreichend Gesetze, die nur konsequent angewendet werden müssen. In der Güterabwägung muss die Freiheit des Einzelnen stets vor dem anlasslosen Zugriff der Justiz stehen. Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.
Aber nicht nur das. Ich bin auch völlig abhängig von einem funktionierenden Finanzsystem. Fällt das aus, riskiere ich Leib und Leben, weil ich mein Überleben nicht sicherstellen kann. Niemand gibt mir Lebensmittel ohne Geld. Wie schnell so ein Absturz gehen kann, sieht man am aktuellen Beispiel Griechenland. Sage keiner, das kann hierzulande nicht passieren. Vor zehn Jahren hätte das in Griechenland auch noch keiner geglaubt. Und die Bedrohungen aus dem Internet nehmen dadurch ja nicht ab. Geniale Hacker sind auch eine ständige Bedrohung des Bankensystems. Und fällt der Strom aus, kann ich mit Bits und Bytes nicht zahlen, wohl aber mit ganz gewöhnlichem Bargeld.
Ein wesentliches Merkmal der Demokratie ist die Wahlfreiheit. Dazu gehört auch, dass ich mich frei entscheiden kann, wie ich einen Zahlungsvorgang durchführe – bar oder unbar. Warum werden beide Arten des Zahlens nicht gleichberechtigt nebeneinander gestellt und mir die Wahl überlassen? Weil es durchsetzungsstarke Interessengruppen gibt. Mit Demokratie und dem Wohl des Bürgers hat das nicht viel zu tun.
Vielleicht sollte man eine neue Petition starten: „Verbietet das Verbieten!“